Abweichung vom Mindestabstand in Grundschulen ist rechtmäßig
12. Juni 2020, 12:00
§ 2 Abs. 4 SächsCoronaSchVO bestimmt, dass der Mindestabstand von
1,5 m u. a. nicht in Schulen gilt und dass alternative Schutzmaßnahmen
durch die Allgemeinverfügung des Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen
Zusammenhalt zur Regelung des Betriebs von Einrichtungen
der Kindertagesbetreuung und von Schulen im Zusammenhang mit der
Bekämpfung der Corona-Pandemie bestimmt werden können.
Antragstellerin war eine Grundschullehrerin, die durch diese Regelung wegen
der erhöhten Ansteckungsgefahr im Unterricht bei Nichteinhaltung des
Mindestabstands von 1,5 m ihr Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit
als verletzt angesehen hat.
Das Sächsische Oberverwaltungsgericht ist dem nicht gefolgt, weil eine
Gefährdung der Lehrkräfte durch infizierte Kinder bei Unterschreitung des
Mindestabstands von 1,5 m bislang wissenschaftlich nicht eindeutig erwiesen
ist und in Sachsen die täglichen Neuinfektionen stark zurückgegangen
sind. Zudem ist zu beachten, dass Kinder im Grundschulalter den Mindestabstand
noch nicht einhalten und auch entsprechende Lehrkonzepte dies
nicht ermöglichen können. Eine fortdauernde Beschulung zu Hause hindert
außerdem nicht nur die Eltern daran, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen,
was ihr Grundrecht auf Berufsfreiheit berührt, sondern kann auch zu
schwerwiegenden Entwicklungsdefiziten und zu weiteren Gefahren für die
Kinder (fehlende Fürsorge, Förderung und ausgewogene Verpflegung,
häusliche Gewalt usw.) führen, was die Grundrechte von Ehe und Familie
sowie das Recht der Kinder auf Bildung und auch auf körperliche Unversehrtheit verletzen kann. Demgegenüber hat der Sächsische Verordnungsgeber
durch Erlass der Allgemeinverfügung zur Regelung des Betriebes
von Einrichtungen der Kindertagesbetreuung und von Schulen in Zusammenhang
mit der Bekämpfung der SARS-CoV-2-Pandemie vom 4. Juni
2020 ein detailliertes Maßnahmenbündel ergriffen, mit dem die Infektionsgefahr
für Schüler und Lehrkräfte vermindert wird. Insbesondere können
Angehörige der Risikogruppe eine Befreiung von der Präsenzpflicht in
der Schule erlangen. Eine unzumutbare Gesundheitsgefährdung infolge
der Nichteinhaltung des Mindestabstands an Grundschulen konnte daher
nicht festgestellt werden.
Die Entscheidung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts ist unanfechtbar.