Ehepaar aus Leipzig verkaufte synthetisch Cannabinoide
Tatsächlich handelt es sich bei solchen, euphemistisch als Designerdrogen bezeichneten, neuen psychoaktiven Stoffen, um hochgefährliche Rauschmittel. Das kürzlich von der Leipziger Polizei festgenommene Ehepaar hatte mutmaßlich synthetisches Cannabinoid an einen Mann aus Niedersachen verkauft, der einige Tage später verstorben war. In seinem Blut konnte die Staatsanwaltschaft eindeutig die synthetischen Rauschmittel feststellen, die auch in Sachsen verkauft worden sind.
Wo liegt der Unterschied zwischen synthetischen Cannabinoiden und CBD?Dieser Fall bewegt die CBD-Szene, weil sie sich so nahe am beliebten CBD befindet. Was auf den ersten Blick nicht ersichtlich ist: Cannabidiol und Cannabinoid sind zwei verschiedene Inhaltsstoffe der Hanfpflanze.
Dabei ist Cannabidiol (CBD) vollkommen ungefährlich und löst kein High aus – ist deswegen auch gar kein psychoaktiver Stoff. Cannabinoide (CBN) sind ebenfalls Teil der Hanfpflanze und als natürlicher Teil von Cannabis auch nicht gefährlich. Aus diesem Grund gibt es auch sehr viele verschiedene CBD-Produkte. Online kann man CBD Blüten ebenso finden wie CBD-Kosmetika aus dem Reformhaus oder großen Drogerie-Ketten. Die Samen kann man sich ins Müsli oder in Salat mischen. Cannabissamen gibt es auf im Internet auf Seiten wie sensoryseeds.
CBN kann allerdings auch synthetisch hergestellt werden und wird dann wirklich gefährlich – weil die synthetischen Versionen von Cannabinoid ungleich viel stärker wirken als natürliches Cannabis. So entstehen leicht Überdosierungen, wenn beispielsweise Cannabis mit synthetischen Stoffen gestreckt wurde.
Der Verstorbene aus Niedersachsen ist nur das womöglich jüngste Beispiel von Opfern von rücksichtslosen Drogendealern und einer hinterfragbaren Drogenpolitik.
Vor einigen Jahren erlebte ein Konsument von synthetischem Cannabinoid einen wahren Horrortrip und zertrümmerte im Drogenrausch seine ganze Wohnung. Er verletzte sich so schwer mit zerbrochenem Glas am Hals, das er starb, noch bevor der Notarzt eintreffen konnte. Dieser Fall passt in eine ganze Reihe von dokumentierten psychotischen Anfällen, die Konsumenten von synthetischem Cannabinoid erlebten, die zuvor keine Zeichen einer psychischen Erkrankung zeigten.
Ein Problem des synthetischen CBN ist, dass die genaue Mischung unterschiedlich starke Wirkungen haben kann. Um mit den neuen psychogenen Stoffen wenigstens in einer rechtlichen Grauzone agieren zu können, ändern die Hersteller der Drogen die chemische Zusammensetzung so oft wie möglich. Deswegen wirkt die Ware immer unterschiedlich und Konsumenten können keine Erfahrungswerte sammeln.
Noch gefährlicher ist, dass oft synthetisches CBN genutzt wird, um Cannabis zu strecken. Die Wirkung vervielfacht sich dann natürlich – wozu es schnell zu tödlichen Überdosen kommt. Denn synthetisches CBN ist mehr als hundertmal so stark wie THC.
In anderen Fällen wird synthetisches CBN als Teil einer „nicht zum Verzehr geeigneten Kräutermischung“ vertrieben, wie es bei dem Todesfall in Niedersachsen geschehen war. Insgesamt ist die Anzahl der Todesfälle durch synthetisches CBN kaum noch zu überschauen. In Russland kam es im Jahr 2014 zu 700 Todesfällen, die sich wahrscheinlich auf synthetisches CBN zurückführen lassen. Aber auch in den USA und anderen Ländern sind viele Fälle dokumentiert, bei denen Menschen nach dem Konsum von synthetischem CBN zu Tode kamen.
Welche Nebenwirkungen kann synthetisches CBN haben?Wer absichtlich oder unabsichtlich synthetisches CBN konsumiert, muss sich auf eine Reihe von unangenehmen Nebenwirkungen gefasst machen. Zu diesen gehören vor allem Herzrasen, starke Unruhe und sogar Halluzinationen. Auch starke Brechanfälle sind keine Seltenheit. Durch die sich immer wieder ändernde chemische Zusammensetzung ändert sich ständig die Dosierung, die Intensität der Wirkung und ihre Dauer. Daher können die Folgen des Konsums so stark sein, dass Konsumierende in der Notaufnahme behandelt werden müssen.
Eine weitere häufige Nebenwirkung von synthetischem CBN sind Psychosen. Im Gegensatz zu Cannabis, bei dem die psychoaktive Wirkung von THC durch das beruhigende CBD teilweise ausgeglichen wird, enthalten die „Kräutermischungen“ kein CBD – daher kann das CBN seine Wirkung frei entfalten. Folge hiervon können starke psychotische Anfälle sein – bei denen wie beschrieben bereits Menschen zu Tode gekommen sind.
Bei den beschriebenen Wirkungen von synthetischen CBN kann man sich zurecht fragen, warum jemand überhaupt dieses Zeug konsumieren wollte. Immerhin ist es offensichtlich kein harmloses Lifestyle-Produkt von CBD, das heute immerhin Online, in großen Drogerien, Bio-Märkten und Reformhäusern zu finden und in jeder nur erdenklichen Form von Blüten über Öl bis hin zu Kosmetika genutzt wird.
Auch medizinische Gründe gibt es definitiv keine, wie bei medizinischem Cannabis. Die Gründe warum synthetisches CBN konsumiert wird sind verschiedene. Früher wurde dieses Rauschmittel oft verwendet, weil es sich nicht durch einen Drogentest nachweisen lassen konnte. Heute können einzelne Varianten in Drogentests gefunden werden, weswegen dieser Grund wegfällt.
Heute sind die Gründe entweder, dass synthetisches CBN aus Unwissenheit konsumiert wurde, weil Cannabis hiermit gestreckt wurde. Ein zweiter Grund ist der niedrige Preis von synthetischen „Kräutermischungen,“ wenn man gerade wenig Geld in der Tasche hat und trotzdem den nächsten Rausch genießen möchte. Auch aus Unachtsamkeit können CBN-„Kräutermischungen“ gekauft werden, obwohl nach CBD-Produkten gesucht wird. Hier ist unbedingt Achtsamkeit angeraten.
Könnte eine andere Drogenpolitik Drogentote wie aus Niedersachsen verhindern?Für die Verfechter eine liberaleren Drogenpolitik und eine Legalisierung von Cannabis sind Fälle wie der aus Niedersachen ein Grund, warum Cannabis legal erwerblich sein sollte und nicht nur das nicht psychoaktive CBD.
In solchen Fällen, so ist die Argumentation, würden die Käufer vor mangelhaften Produkten, die mit CBN gestreckt wurden, geschützt. Wenn die Produkte legal verkäuflich wären und die Händler als ganz normale Geschäftsleute auftreten könnten, wären Produkttests auch möglich – heute kaufen selbst die Dealer bestenfalls nur auf Treu und Glauben – wenn sie nicht selbst im Bilde sind und vorsätzlich tödliche Ware verkaufen.
Wer sich vor synthetischen Produkten schützen möchte, der sollte sehr genau auf sein Cannabis achten. Namen wie „Spice“ sollten unbedingt gemieden werden. Wenn der letzte Drogenkonsum irgendwie verdächtig erschien, sollte man unbedingt den Dealer wechseln. Der nächste Trip könnte sonst schlimmstenfalls auch der letzte Trip sein. Die synthetischen Stoffe sind so Unberechenbar, dass man alles daran setzen sollte nicht nur selbst den Konsum von ihnen zu vermeiden, sondern umfassend über die Gefahren aufklären sollte – gerade weil gegenwärtig CBD und Cannabis gesellschaftlich salonfähig werden.