Hund, Katze, Maus – Haustiere gegen Einsamkeit
Das zeigt das Ergebnis einer Umfrage aus dem Jahr 2019. Ein Drittel der Befragten gab an, gelegentlich unter Einsamkeitsgefühlen zu leiden, weitere 20 Prozent sprachen sogar von ständiger Einsamkeit. Insgesamt hatte jeder zweite Deutsche schon einmal mit Einsamkeit zu kämpfen. Gerade in Anbetracht der aktuellen Krise steigt die Zahl derer, die unter dem Alleinsein zu leiden haben, beträchtlich. Das durch Kontaktverbote eingeschränkte Sozialleben trifft viele Menschen gerade schwer. Aber auch unabhängig von der derzeitigen Krise können Trennungen, Wohnortwechsel oder psychologische Probleme der Grund für Einsamkeit sein. Doch laut Forschern der TU Dresden ist eine Sache ganz besonders effektiv gegen Einsamkeits- und Isolationsgefühle – Haustiere.
Die Sozialwissenschaftlerin Sandra Wesenberg erklärt: "Haustiere erfüllen ganz wesentliche Bedürfnisse des Menschen, vor allem das wichtige Bedürfnis nach Nähe, Zuwendung, Geborgenheit und Trost". Die Forscherin arbeitet an der Technischen Universität Dresden, sie und ihr Team haben sich vor allem auf Mensch-Tier-Beziehungen spezialisiert. "Mit Zuwendung meine ich beispielsweise den Hund, der jeden Tag auf mich wartet und sich freut, wenn ich nach Hause komme. Oder die Katze, die mir geduldig zuhört, wenn ich mein Herz ausschütte."
Die Tiere bieten ihren Besitzern, so Wesenberg, vor allem die sogenannte emotionale Unterstützung. Laut der Sozialwissenschaftlerin hat diese Form der sozialen Unterstützung einen maßgeblichen Einfluss auf das Einsamkeitsempfinden. Denn die Tiere fordern Aufmerksamkeit ein und vermitteln ihren Herrchen oder Frauchen das Gefühl, gebraucht zu werden. Haustierbesitzer haben außerdem immer einen Ansprechpartner, der Ihnen zuhört, wenn sie ihnen das Herz ausschütten. Dabei ist es egal, dass die Tiere sie nicht verstehen, denn schon das Aussprechen von Problemen hilft häufig.
Zahlreiche Studien belegen, dass Haustierbesitzer ihre Tiere nicht nur als vollwertige Familienmitglieder wahrnehmen; in bestimmten Situationen sind die Haustiere laut Forschungsergebnissen sogar wichtiger als zwischenmenschliche Partner. Studien aus England zeigen beispielsweise, dass Katzenbesitzerinnen in Stresssituationen häufig zuerst die Nähe ihrer Katze suchten und erst anschließend die ihres Partners. Die Tiere nehmen also scheinbar eine wichtige, unterstützende Funktion im Leben ihrer Besitzer ein.
Der Grund der für ist unter anderem physiologischer Natur. Diverse Untersuchungen zeigen, dass beim Streicheln einer Katze oder eines Hundes der Blutdruck sinkt und der Puls ruhiger wird. Der Körper schüttet das Bindungs- und Glückshormon Oxytocin aus, dass sonst vor allem bei Mutter-Kind-Bindungen aktiviert wird. Weitere Studien fanden, dass Menschen in Prüfungssituationen nachweislich weniger gestresst waren, wenn sie einen Hund bei sich hatten.
Auch ein Forscherteam in Buffalo ließ 240 Paare kniffelige Rechenaufgaben unter Zeitdruck lösen oder eine Hand für einige Zeit in eiskaltes Wasser tauchen. Der Versuch wurde einmal allein, in Begleitung des Partners und im Beisein des Haustieres durchgeführt. Wie zu erwarten war das Stresslevel der Versuchspersonen am höchsten, wenn die den Versuch allein absolvieren mussten. Das Beisein der Haustiere hingegen verbesserte Blutdruckwerte und Pulsfrequenz erheblich. Der Effekt war sogar noch größer als bei der Begleitung durch eine geliebte Person. Denn während Menschen aus dem Bekanntenkreis den Erfolgsdruck scheinbar noch erhöhen, wirkt die Gegenwart eines Tieres hingegen entspannend.
Haustiere heilen LiebeskummerAuch gebrochene Herzen können durch die Nähe zum geliebten Vierbeiner wieder geflickt werden. Denn gerade in der Zeit nach einer Trennung, in der viele Menschen sich den oder die Ex zurück wünschen, ist der Effekt, den die Nähe zu Tieren haben kann, erstaunlich. Nicht nur, dass das Streicheln des Haustieres entspannt und das Wohlbefinden verbessert, dabei werden außerdem die Hormone Oxytocin und Serotonin ausgeschüttet. Gerade nach einem plötzlichen Liebesverlust fällt die Ausschüttung dieser Hormone oft drastisch ab, was zu depressiver Stimmung und Antriebslosigkeit führt. Der Kontakt zum eigenen Haustier kann helfen, diesen Mangel an Glückshormonen auszugleichen und das Abrutschen in die Depression zu verhindern. Eine amerikanische Studie zeigte: Frauen, die eine Katzen besaßen, erholten sich um ein Vielfaches schneller von Liebeskummer, als Versuchsteilnehmerinnen ohne Haustier.
Auch bei Depressionen können Haustiere ein wichtiger Faktor zur Verbesserung sein. Tiere können, je nach Art und Schwere der Depression, dabei helfen die Symptome zu lindern und die Heilung zu unterstützen. Menschen, die an einer Depression erkrankt sind, mangelt es oft an Selbstwertgefühl, viele leiden unter der Angst, anderen zur Last oder auf die Nerven zu fallen. Tiere reagieren jedoch unabhängig von Aussehen und Befindlichkeit auf menschlichen Kontakt und schenken ihrem Besitzer ihre bedingungslose Zuneigung. Haustiere helfen bei Depressionen unter anderem auch dadurch, dass sie den Tagesablauf ihrer Herrchen strukturieren. Besonders das Aufstehen am Morgen fällt vielen an Depressionen Erkrankten schwer, doch Tiere wollen versorgt und beschäftigt werden und geben so eine stärkende Tagesstruktur vor.
Und Haustiere lindern nicht nur die Einsamkeit und unterstützen den Heilungsprozess bei Liebeskummer und Depressionen. Sie helfen auch dabei, neue Kontakte zu knüpfen. Besonders Hundebesitzer lernen beim Gassigehen oder Ausflügen mit dem Vierbeiner nachweislich schneller andere Menschen kennen. Durch die Begleitung des Haustieres im Alltag werden nämlich auch soziale Ängste und Hemmungen gelindert. Außerdem erleichtert die Anwesenheit des geliebten Vierbeiners oft den Gesprächseinstieg und sorgt für Unterhaltungsmaterial.
Dieser Effekt zeigt sich nicht nur bei Hunden, sondern auch bei Tieren, bei denen man es zunächst nicht erwarten würde. Schon eine der ersten Studien zu diesem Thema zeigte in den 70er Jahren, dass alleinlebende, ältere Menschen, denen ein Wellensittich zur Betreuung geschenkt wurde, leichter Kontakte knüpften. Sie bekamen nicht nur häufiger Besuch von Verwandten, sondern führten auch öfter Gespräche mit den Nachbarn und schlossen so neue Freundschaften.
Haustiere können also wahre Wunder bewirken. Dabei ist es egal, um welches Tier es sich handelt, wichtig ist vor allem die emotionale Bindung an den tierischen Begleiter: "Wenn ich jemand bin, der keinen Kontakt zu Tieren hat, Tiere auch nicht übermäßig mag, dann wäre es schlecht, auf Rezept quasi, Hund, Katze, Meerschweinchen zu verordnen und zu denken, dann ist jemand weniger einsam." so Prof. Sandra Wesenberg. Auch sonst sollten bestimmte Voraussetzungen für die Tierhaltung erfüllt sein. Es sollte gut überlegt werden, ob im eigenen Leben genug Platz für einen Vierbeiner ist. Gerade Hunde brauchen regelmäßig Bewegung, aber auch Katzen und andere Kleintiere wollen beschäftigt und versorgt werden. Überlegen Sie deshalb vor der Anschaffung eines Haustiers auch gut, ob Sie genug Geld für Futter, Ausstattung und Tierarztbesuche haben.
Wem es an Platz, Zeit oder finanziellen Mitteln mangelt, kann sich als Haustiersitter versuchen oder als Nachbarschaftshilfe Anwohner in der Nähe bei der Tierhaltung unterstützen, denn schon der regelmäßige Kontakt zu Tieren hat einen positiven Effekt. Gerade in der aktuellen Situation freuen sich besonders ältere Menschen über Unterstützung beim Gassigehen und Co.